Inzwischen pfeifen es die Spatzen von den Dächern. Statt Jahr für Jahr, wie in der Wohnbauoffensive beschworen um 1000 Einwohner zu wachsen, schrumpfte die Anzahl der Reutlinger Bürger seit dem Vorjahr um fast 500.
Ist das Mantra „bauen, bauen, bauen“ also noch zeitgemäß? Ganz sicher nicht!
Denn es handelt sich nicht um einen Fehler der Statistik, sondern um das, was verantwortliche Stadtplaner der wachstumsgläubigen Politik schon seit längerem vorhalten. Die flächenfressenden Einfamilienhaus-Siedlungen auf der grünen Wiese gehen am künftigen Bedarf vorbei.
Wie in ganz Reutlingen gibt es auch in Sondelfingen bestehende Siedlungen mit Straßen, in deren Häusern nur noch ein oder zwei Senioren leben. Wie das in 10, 15 Jahren aussehen wird, beschreibt Stefan Flaig (BUND LV/ Ökonsult) auf Einladung des BUND KV Reutlingen eindrücklich in seinem Vortrag. “Demographie und Neubaugebiete“.
Videoaufnahme des Vortrags „Demografie und Neubaugebiete“
Vortrag von Stefan Flaig, Ökonsult GbR Stuttgart
Veranstalter BUND KV Reutlingen 16. 10. 2019
Um es klar zu sagen: Es braucht keine neuen Baugebiete im Außenbereich mit Ein- und Zweifamilienhäusern. Was gebraucht wird sind stadtnahe (Ärzte, Einkaufsmöglichkeiten etc.) bezahlbare seniorengerechte Wohnungen, dann werden die Häuser im Bestand frei und können wieder von Familien bezogen werden. Denn auch das weist Stefan Flaig in seinem Vortrag nach.
Wir fordern, daß diese Tatsachen in der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans berücksichtigt werden.
Wir fordern, einen sparsamen und schonenden Umgang mit Grund und Boden unter Berücksichtigung des demographischen Wandels und der vielen in naher Zukunft freiwerdenden Häuser im Bestand.
Wir fordern ökologisch wertvolle Gebiete wie Streuobstwiesen nicht zu bebauen.
Wir fordern die artenreichen FFH-Mähwiesen Bergäcker-Halden II (Flur Hart Halden) von der Bebauung auszunehmen.
Wir fordern das hier im Regionalplan ausgewiesene Vorbehaltsgebiet regionaler Grünzug zur Vernetzung mit weiteren Lebensräumen zu nutzen.
Wir fordern die Politik auf, die Wohnbauoffensive auf den Prüfstand zu stellen.
Wo wegen Frischluft oder wegen des Baurechts nur Ein- oder Zweifamilien- bzw. Reihenhäuser zulässig sind, wie im Gebiet Bergäcker-Halden II, muß Artikel 20a des Grundgesetzes: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere…“ Vorrang haben.
So geht es nicht - Kaltluftentstehungsgebiet !
Wohnbauoffensive:
Bebauungsplan 'Bergäcker-Halden II', Gemarkung Reutlingen, Flur Sondelfingen
Die Stadt Reutlingen sieht sich mit einem angespannten Wohnungsmarkt konfrontiert. Besonders Mietwohnungen im günstigen Preissegment sind auf dem Markt in kaum ausreichender Anzahl verfügbar. Im Jahr 2012 beschloss der Gemeinderat die Wohnbauoffensive 2025 mit der Maßgabe jährlich 290 neue Wohneinheiten zu schaffen (GR-Drs 12/066/02).
In den letzten Jahren wurde das jährliche Ziel nicht nur erfüllt, sondern sogar deutlich überschritten. Auch wenn diese Zahlen eine derzeit positive Entwicklung des Wohnungsmarktes zeichnen, ist die Stadt durch die zunehmende Bevölkerung und den Zustrom an Flüchtlingen nach Deutschland vor neue Herausforderungen gestellt. Um eine sinnvolle städtebauliche Entwicklung und Ordnung für das vorliegende Plangebiet zu gewährleisten, soll in einem Bebauungsplanverfahren die Eignung des Gebietes für eine Wohnbaunutzung geprüft werden. Das Plangebiet liegt am nordwestlichen Rand des Stadtbezirkes Sondelfingen. Nördlich des Friedhofes gelegen, rundet es den derzeitigen westlichen Siedlungsrand des Wohngebietes Bergäcker ab. Im Westen des Plangebietes verläuft die Roanner Straße, nördlich schließt der Außenbereich mit landwirtschaftlich genutzten Flächen an. Derzeitig werden die Flächendes Plangebietes als Wiesen und Wiesen mit Streuobstbestand genutzt. Planungsrechtlich zählt das Gebiet zum Außenbereich nach § 35 BauGB. Der gültige Flächennutzungsplan stellt Wohnbauflächen und Flächen zur landwirtschaftlichen Nutzungensowie eine geplante Hauptstraße (Umgehungsstraße) dar. Das Plangebiet umfasst eine Fläche von ca. 10,3 ha.
Das städtebauliche Ziel für das Plangebiet besteht überwiegend in der Schaffung von neuemWohnraum für eine breite Bevölkerungsschicht. Durch die Verbindung von Wohnen undFreiräumen zur nachbarschaftlichen Begegnung, soll ein lebendiges Quartier mit dörflichem Charakter entstehen.Bei der Planung sind die Anforderungen durch den Klimawandel, z.B. Begrünung undEinsatz erneuerbarer Energien zu berücksichtigen. Die vorhandenen Kaltluftentstehungsflächen und die Durchlüftung des angrenzenden Wohngebietes sind imVerfahren zu berücksichtigen. Geeignete Maßnahmen sollen erarbeitet werden. In einer Achse nordwestlich des Friedhofes soll eine Grünzäsur zur freien Landschaft erhalten bleiben. Die Erschließung für den motorisierten Individualverkehr kann über die Erweiterung der Ebne- und Rosnetstraße und der Straße Im Bleicherlen erfolgen. Eine verkehrlicheAnbindung des Gebietes an die Roanner Straße soll im Verfahren geprüft und erarbeitetwerden. Hierbei ist auf ein wohnverträgliches Maß des Verkehrsaufkommens zu achten. Mögliche Maßnahmen, wie z.B. bauliche Geschwindigkeitsdämpfungsmaßnahmen, sollen imVerfahren erarbeitet werden. Eine Anbindung an den ÖPNV ist durch die in ca. 300 - 600 m entfernten Bushaltestellen inder Roanner Straße/Nürnberger Straße und Reichenbachstraße gegeben. Fuß- und Radwegeverbindungen sollen die Durchlässigkeit des Gebietes gewährleisten. Der Verlauf der bestehenden Bodenseewasserleitung und der Gasfernleitung im Gebietfinden im Verfahren entsprechend den Darstellungen im FlächennutzungsplanBerücksichtigung. Eine Verlegung der Stromüberlandleitung soll im Verfahren geprüft werden. Die Darstellungen aus dem derzeit in Abstimmung befindlichen Ortsentwicklungskonzeptes Sondelfingen sollen im Bebauungsplanverfahren in die Planung einfließen. Planungsrechtlich soll ein Allgemeines Wohngebiet gemäß § 4 BauNVO festgesetzt werden. Detaillierte Festsetzungen werden im weiteren Verfahren erarbeitet.
Und so auch nicht - wegen der Frischluft für Sondelfingen
Das Bebauungsplanverfahren wird nach den Vorgaben des Baugesetzbuches imRegelverfahren mit Umweltprüfung und Umweltbericht durchgeführt. Maßnahmen zur Vermeidung, Verminderung und zum Ausgleich erheblicher Beeinträchtigungen von Naturhaushalt und Landschaftsbild sind im Laufe des weiteren Verfahrens zu ermitteln. Zur Neuordnung der Grundstücksverhältnisse und Bereitstellung geeigneter Wohngrundstücke ist ein Umlegungsverfahren notwendig. Der Beschluss zur Einleitung des Umlegungsverfahrens nach § 46 (1) BauGB soll nach der frühzeitigen Beteiligung und der Anhörung der Grundstückseigentümer nach § 47 BauGB erfolgen. Die frühzeitige Beteiligung der Bürger und Träger öffentlicher Belange wird durchgeführt. Hierzu werden die Planungsunterlagen öffentlich ausgelegt und den Bürgern und Behördendie Gelegenheit gegeben, zu der Planung Stellung zu nehmen. Zur Einleitung des Bebauungsplanverfahrens ist der Aufstellungsbeschluss zu fassen.